Innovationen in der Entlaubungstechnik - Wohin geht der Trend?

Dr. Matthias Petgen, Gerd Götz, DLR Rheinpfalz, Abteilung Weinbau und Oenologie

Seit einigen Jahren gehört die Teilentblätterung bei vielen Winzern zu einem wichtigen Baustein innerhalb des Qualitätsmanagements. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung bei Handentblätterung setzen einige Betriebsleiter immer häufiger Entlaubungsgeräte ein. Die vergangene Intervitis hat gezeigt, dass das Thema im Weinbau von großem Interesse ist. Im folgenden sollen einige innovative Entlaubungsgeräte vorgestellt werden, die kürzlich am DLR Rheinpfalz in Neustadt vorgeführt bzw. getestet wurden.

Entlauber EB 490
Binger Seilzug GmbH, 55411 Bingen (www.binger-seilzug.de)
Der Entlauber EB 490 von Binger Seilzug wurde erstmalig auf der Intervitis vorgestellt. Es wurde bei der Konstruktion des Gerätes bewusst auf Schneidwerkzeuge verzichtet, um mögliche Traubenschäden zu vermeiden. Beim Arbeiten mit dem Entlauber sollte man mit den beiden horizontalen Führungsschienen relativ dicht an die Laubwand heranfahren, so dass auch genügend Blätter von den beiden Walzen, die sich gegenläufig drehen, erfasst werden (vgl. Abbildung 1). Weiterhin gewährleisten die Führungsschienen, dass keine Trauben verletzt oder gequetscht werden. Voraus läuft die gerillte Kunststoffwalze, welche die von einem Sauggebläse erzeugte Luft hindurchlässt und die Blätter ansaugt. Die zweite Walze ist angefedert und besteht aus einem elastischen Werkstoff. Bei möglichem Verschleiß kann diese Walze sehr schnell ausgetauscht werden. Die Blätter werden erfasst, durch die rotierenden Walzen als Ganzes abgezupft, durch das Gerät nach hinten weiter transportiert und ausgestoßen. Die Länge der Walzen und damit die Arbeitshöhe beträgt 49 cm. In Anlagen mit einem geringem Biegdrahtabstand und damit einer schmaleren Traubenzone kann durch einen einfachen Schieber an den Walzen die Arbeitsfläche verringert werden oder einfach mit dem Gerät tiefer gefahren werden.

Der Antrieb erfolgt sowohl für das Sauggebläse als auch für beide Walzen hydraulisch. Die Drehzahl beim Walzenmotor beträgt ca. 400 U/min und die für das Gebläse liegt bei ca. 2300 U/min. Die benötigte Ölmenge liegt bei ca. 20 Liter/min bei einem Öldruck von 80-100 bar. Technisch bedingt ist die Ansaugöffnung durch die beiden sich drehenden Walzen nur sehr gering. Vom Arbeitsablauf her soll das Sauggebläse auch nur eine unterstützende Funktion haben, so dass die Blätter besser von den Walzen erfasst werden. Das Entlaubungsergebnis wird wie bei allen Entlaubungsgeräten durch die Fahrgeschwindigkeit beeinflusst. Die empfohlene Fahrgeschwindigkeit liegt bei ca. 2,5 bis 3,5 km/h. Am Gerät sind zwei Schnellverschlüsse angebracht, mit deren Hilfe der Entlauber schnell geöffnet und damit gereinigt werden kann. Als Option ist möglicherweise eine Parallelogrammausführung geplant, allerdings machen die Äußerungen von Firmenchef, Herrn Pieroth, deutlich, dass sich durch die beiden Führungsschienen diese Einrichtung erübrigt.

Der Entlauber kostet ohne Schwenkeinrichtung 3500 € (ohne MwSt., ohne Anbaurahmen). Die Schwenkeinrichtung wird als Option angeboten, besitzt zusätzlich eine hydraulische Querverschiebung von 15 cm und kostet 1750 € (ohne MwSt.). Geplant ist, laut Herrn Pieroth, in diesem Jahr eine Serie von 10 Geräten zu fertigen. Durch intensive Praxisvorführungen konnten noch technische Verbesserungen durchgeführt werden. So wurde beispielsweise die gerillte Walze zusätzlich in vertikaler Richtung leicht gerillt. Dadurch kann verhindert werden, dass sich Triebe an die beiden Walzen anlehnen und die Walzen verstopfen.


Thermischer Entlauber
Fa. Souslikoff
F- 33340 Saint-Yzans de Médoc
Das Grundprinzip bei dem thermischen Entlauber beruht auf einer Infrarot-Strahlung. Das Gerät besteht aus einem Grundrahmen, an dem sich seitlich ein Wärmestrahler mit einer Breite von 30 cm befindet, der über zwei Flüssiggasflaschen gespeist wird (vgl. Abbildung 2 und 3). Beim Passieren der Laubwand erhalten die Blätter bei einer Temperatur von mehr als 70 °C einen thermischen Schock. Unmittelbar nach der thermischen Entlaubung zeigen die Blätter Welkeerscheinungen (s. Abbildung 4). Schon nach ca. 2 Stunden ist der Entblätterungsgrad deutlich sichtbar. Behandelte Blätter zeigen nach ein bis zwei Tagen deutliche Nekrosen, fallen aber noch nicht ab. Oberhalb des Brenners befindet sich ein Abweiser, der verhindert, dass zu dicht an die Laubwand herangefahren wird. Die Einstellung des Wärmestrahlers zur Laubwand kann am Schlepper mit Hilfe eines Bedienpultes elektronisch gesteuert werden. Bei Widerständen, z. B. einem Stickel, weicht das Gerät leicht aus. Die Aufhängung ist so konstruiert, dass das Gerät durch Schwerkraft immer nach außen gleitet und durch die Schiene auf Abstand gehalten wird. Bei der Konstruktion wurde bewusst auf Hydraulikaggegrate verzichtet, weil sonst die Brandgefahr zu hoch wäre und sich das Öl zu stark erhitzen würde.

Der Entlauber benötigt zwei Gasflaschen mit Flüssiggas mit jeweils 11 kg Nennvolumen. Die Hauptbestandteile von Flüssiggas sind Propan und Butan (Verhältnis 95:5). Ein Liter Flüssiggas wiegt 510 g und enthält 6,6 kWh (zum Vergleich: ein Liter Heizöl enthält 10 kWh Energie). Eine 11 kg-Flasche enthält 21,6 Liter Flüssiggas. Das entspricht einer Energiemenge von 142 kWh. Die Füllung für eine Gasflasche kostet ca. 17 €. Der Gasverbrauch liegt laut Hersteller des Gerätes bei ca. 4 kg/h. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 2,5 – 3 km/h werden bei einseitigem Entblättern pro Hektar ca. 9 kg Gas verbraucht. Die Gaskosten pro Hektar entsprechen bei Berücksichtigung eines Sicherzeitszuschlages etwa 17 €. Die Gaszufuhr wird am Schlepper elektronisch gesteuert und gezündet. Das Gerät kostet ca. 11000 € (ohne MwSt.).

Beim Fahren des Gerätes ist selbstverständlich darauf zu achten, nicht stehenzubleiben, da sonst extreme Verbrennungen auftreten können. Bei den Vorführungen des Gerätes in den Versuchsflächen des DLR Rheinpfalz konnten wir beobachten, dass stellenweise außenhängende Trauben angesengt wurden. In diesem frühen Stadium (abgehende Blüte bis Schrotkorngröße) fallen die einzelnen Beeren nach einer gewissen Zeit heraus. Inwieweit dieser Sachverhalt bei Reifebeginn Schäden verursachen kann, gilt noch zu überprüfen. In unseren Anlagen haben wir festgestellt, dass junge Blätter wesentlich schneller welkten als die alten Blätter. Außerdem wurde eine Sortenabhängigkeit festgestellt, d.h. Portugieser und Silvaner reagierten wesentlich empfindlicher auf die Wärmestrahlung als Riesling (härtere Blätter). Die Traubenzone sollte die Arbeitsbreite des Gerätes von 30 cm nicht überschreiten. Optimal wäre hier die Flachbogenerziehung. In der behandelten Riesling-Anlage waren nach 10 Tagen immer noch viele Blätter nicht abgefallen und teilweise nur halbseitig angesengt (vgl. Abbildung 5). Bei feucht-warmer Witterung könnte es hier möglicherweise zu Botrytisbefall kommen. Ob sich das Gerät in Deutschland in der Praxis durchsetzen kann, ist fraglich. Weitere Versuchseinsätze müssen dies noch überprüfen.


Universeller Entlauber
Fa. Pellenc
F- 84122 Pertuis Cedex, www.pellenc.com
Der Entlauber der Fa. Pellenc wurde auf der Intervitis in Stuttgart mit dem begehrten Innovationspreis in Gold in der Kategorie “Anbautechnik für Obst und Wein” des Deutschen Weinbauverbandes ausgezeichnet. Eine schonende Arbeitsweise sowie die vergleichsweise hohe Arbeitsgeschwindigkeit, so die Fachjury auf der Intervitis, zeichnen den Entlauber aus. Bei diesem Gerät wird auf beiden Seiten der Rebzeile im Bereich der Traubenzone eine rotierende Trommel entlanggeführt, durch die die Blätter angesaugt und in einem weiteren Arbeitsschritt abgeschnitten werden (vgl. Abbildung 6 und 7). Die Trommeln bestehen außen aus einem Edelstahlgeflecht, welches relativ flexibel und damit weich ist. In den Trommeln wird ein Vakuum erzeugt, so dass die Blätter angesaugt werden und am Edelstahlgeflecht haften bleiben. Das Vakuum befindet sich immer halbseitig an der zur Laubwand gerichteten Trommelseite. Die Trommeln haben eine Länge von 38 cm, folglich beträgt der zu entlaubende Bereich ebenfalls 38 cm. Im weiteren Verlauf werden die Blätter durch Drehung der Trommel leicht angezogen und von einem Schneidwerkzeug (Messerbalken) abgeschnitten und fallen als Ganzes ab. Zwei rotierende Walzen bürsten die Oberfläche der Trommel direkt hinter dem Schneidwerkzeug, an der sich kein Vakuum mehr befindet, von noch anhaftenden Blättern frei, so dass es nicht zu Verstopfungen kommen kann (vgl. Abbildung 7). Die Drehzahl der Trommeln wird proportional zur Fahrgeschwindigkeit geregelt, sie ist allerdings aufgrund von möglichem Antriebsschlupf des Trägergerätes etwas schneller. Die Geschwindigkeit wird am Trägergerät mit Ultraschall gemessen und auf elektronischem Wege auf die Trommeln übertragen. Über einen Mikroprozessor wird die vorgegebene Grundeinstellung kontinuierlich der Fahrweise angeglichen. Innerhalb der Trommel befinden sich jeweils drei Taster, mit denen der Anpressdruck gemessen und damit die Entblätterungsintensität angeglichen wird. Ein stärkerer Anpressdruck auf die Taster bedeutet eine stärkere Entblätterungsintensität. Am Pellenc-Trägergerät befindet sich ein Multifunktionshebel, mit dem alle Einstellungen vorgenommen werden können. Dieser steuert auch den Erntekopf des Vollernters und ist in jedem Trägerfahrzeug gleich.

Sollen auch Blätter im Laubwandinneren entfernt werden, muss der Anpressdruck erhöht werden, die Trommel wird folglich mit einem Hydraulikzylinder an die Laubwand näher herangeführt. Eine weitere Einstellung zur Entblätterungsintensität kann über die Stellung des Schneidwerkzeugs durchgeführt werden. Je näher das Schneidwerkzeug an der Laubwand arbeitet, um so dichter werden die Blätter am Stielansatz abgeschnitten. Insbesondere bei späteren Entblätterungen, z. B. nach Traubenschluss, sollte dieser Abstand größer gewählt werden, damit keine Trauben verletzt werden. Beide Trommeln können unabhängig voneinander gesteuert werden, d.h. bei beidseitigem Arbeiten kann beispielsweise die Schattenseite stärker entblättert werden als die Sonnenseite. Dies funktioniert ebenfalls über den Multifunktionshebel vom Fahrerplatz aus. Bei einem Fahrfehler werden die Entlaubungstrommeln durch eine flexible Aufhängung zur Seite gedrückt und können sich anschließend wieder einpendeln. Die Gerätereinigung erfolgt relativ einfach durch das Ausblasen des Entlaubungskopfes mit Druckluft. Das eigentliche Entlaubungsgerät kostet 14500 € (ohne MwSt.). Das Pellenc-Trägergerät, welches vielfältige Funktionen erfüllen kann, kostet ohne Entlauber ca. 90.000 €.

Herr Regnier
Verkaufsleiter der Fa. Pellenc für Deutschland
“Das Interesse an unserem Entlauber in Deutschland ist zur Zeit riesig. Wir haben in jedem deutschen Anbaugebiet einen Händler, der unsere Maschinen vertreibt. Die Fa. Fischer Landmaschinen GmbH in Niederkirchen, die für die Pfalz zuständig ist, führt zur Zeit wöchentlich zwei Vorführungen mit unserem Entlauber durch. Unser Hauptgeschäftsbereich liegt in Frankreich. Pellenc Entlauber werden aber auch in der Schweiz, in Italien, Kalifornien oder Australien eingesetzt. Im letzten Jahr haben wir 30 Geräte verkauft. Der Einsatz in Frankreich hängt sehr stark von dem Erziehungssystem ab. In der Champagne oder im Burgund liegt der Reihenabstand der Rebzeilen bei 1,0 bis 1,15 Meter bei einer Höhe von 1,25 bis 1,35 Meter. Hier werden Hochschlepper eingesetzt, unser Multifunkitonsträgergerät wäre viel zu groß. Wir arbeiten zur Zeit an einer angepassten Lösung für diese Regionen. Es hat sich gezeigt, dass in Frankreich die Winzer in Weinbergen mit engem Zeilenabstand wesentlich intensiver entblättern als in Anlagen mit weitem Reihenabstand. Durch die bessere Belüftung in Anlagen mit weitem Rebzeilenabstand erübrigt sich eine Entblätterung in vielen Fällen. Speziell für Rebanlagen mit einem Reihenabstand von 2,20 m (Südfrankreich) haben wir ein Gerät konstruiert, welches am Schlepper angebaut werden kann. Für die nächste Saison wollen wir speziell für den deutschen Markt eine Schlepperausführung auf den Markt bringen”.



Stimmen aus der Praxis
Wilhelm Giese “Gerät von Siegwald im Lohn anbieten”
Semmethof in Altdorf
Seit 2004 bieten wir die pneumatische Entblätterung von Galvit/Siegwald für pfälzische Betriebe im Lohn an. Wir berechnen einen Lohnansatz von 1,20 € pro gefahrene Minute, das entspricht einem Kostenaufwand von 132 bis 220 €/ha bei einer beidseitigen Entblätterung. Um das Entblätterungsergebnis zu modifizieren, können verschiedene Einstellungen am Gerät vorgenommen werden. Die Fahrgeschwindigkeit sollte nach unserer Erfahrung bei ca. 1,5-1,8 km/h liegen. Wird schneller gefahren, nimmt die Entlaubungsintensität ab. Weiterhin kann über ein Stellventil am Ölmengenregler die Drehzahl und damit die Rotation der Luftaustrittsdüsen variiert werden. Auch hier gilt, je schneller die Düsen rotieren, desto mehr wird entblättert. Es stehen auch Düsen mit einer größeren Luftaustrittsöffnung zur Verfügung, die die Entlaubungsintensität erhöhen. Entscheidend ist die Einstellung der Druckluft am Kompressor. Bewährt haben sich ca. 0,7-0,8 bar bei dem Entwicklungsstadium abgehende Blüte bis Traubenschluss, allerdings sollte hier nach Rebsorten differenziert werden. Bei Riesling kann die Druckluft durchaus auf 0,9 bar erhöht werden, da die Blätter härter sind. Kerner oder Portugieser werden dagegen mit einer Druckluft von 0,7 bar entblättert. Dies reicht aus, um die abgeblühten Trauben von Käppchen und noch vorhandenen Staubbeuteln zu befreien. Einige Betriebsleiter wollten zusätzlich einen ertragsreduzierenden Effekt. So sind wir in einer Gewürztraminer-Anlage mit 1,0 bar gefahren. Dabei wurden absichtlich Gescheinsteile weggeblasen.

Viele Winzer zeigen großes Interesse an der pneumatischen Entblätterung, zögern allerdings beim Einsatz und wollen zunächst Erfahrungen sammeln, indem nur Teilflächen behandelt werden. In der Nähe von Wohngebieten könnte die Lärmbelästigung durch das Gerät zur Mittagszeit und in den späten Abendstunden ein Problem darstellen.


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